Neue Rechtsprechung bei Geschwindigkeitsverstößen
+++ Geschwindigkeitsmessung ohne Datenspeicherung nicht verwertbar;
Verfassungsgerichtshof Saarland kippt bisherige Rechtsprechung zu Geschwindigkeitsverstößen; Bußgeldbescheide teilweise rechtswidrig +++
Im Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamtes befanden sich zum Stichtag 01.01.2019 rund 3,1 Millionen Eintragungen wegen Geschwindigkeitsverstößen.
Da Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsverstößen Massenverfahren sind, sind diese auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet.
So waren die Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen bislang stark eingeschränkt:
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1993 durften die Gerichte bisher bei sogenannten standardisierten Messverfahren grundsätzlich von der Zuverlässigkeit der angewandten Messmethode ausgehen.
Um ein standardisiertes Messverfahren handelt es sich dann, wenn das jeweilige Messgerät durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt zugelassen, sowie geeicht ist.
Bauartzulassungen bzw. Baumusterprüfbescheinigungen und wirksame Eichungen besitzen dabei praktisch alle im Straßenverkehr eingesetzten Geschwindigkeitsmessgeräte.
Wurde also ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, musste der Betroffene konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Messung vortragen, d. h. er musste eine konkrete Fehlfunktion des Messgerätes darlegen.
Ein allgemeiner Hinweis oder eine Vermutung reichten nicht aus. Erst bei konkreten Zweifeln war das Gericht verpflichtet, die Richtigkeit der Messung durch ein Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen.
Fehlfunktionen des Messgerätes können jedoch nur dann nachgewiesen werden, wenn dem Betroffenen die hierfür notwendigen Daten (Rohmessdaten) zur Verfügung gestellt werden.
Bestimmte Geschwindigkeitsmessgeräte wie zum Beispiel das Gerät Traffistar S 350 speichern diese Rohdaten nicht. Dem Betroffenen ist damit eine Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung nicht möglich.
Betroffen können auch Geräte der Firma LEIVTEC und Vitronic sein.
Sind bei Ihrer Geschwindigkeitsmessung keine Rohmessdaten gespeichert worden, bestehen unter Bezugnahme auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Saarbrücken (Urteil v. 05.07.2019, Az. LV 7/17) Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Messung.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Saarbrücken gilt zwar grundsätzlich nur im Bundesland Saarbrücken, eine Ausdehnung auf andere Bundesländer ist aber zu erwarten. Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes vertrat die Auffassung, wenn die erforderlichen Rohmessdaten fehlen, mangele es an einem für eine Verurteilung erforderlichen fairen rechtsstaatlichen Verfahren.
Sie möchten sich gegen einen Bußgeldbescheid wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes wehren?
Gerne bin ich Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte behilflich.
Kontaktieren Sie meine Kanzlei telefonisch unter 0821/515109 oder per E-Mail an kontakt@anwalt-augsburg-strafrecht.de.
Ihr Rechtsanwalt Dietmar Geßler